Bild: Supermarkt Fred Meyer von lyzadanger Lizenz: cc-by-saDie Grenzen des Konsums sind erreicht 15. Oktober 2009 Nachhaltigkeit 3 Kommentare Auf die Finanzkrise wissen alle Politiker nur eine Antwort: mehr Konsum! Man weiß nicht genau, was für ein Weltbild diese Menschen haben, aber vielleicht hätte ihnen jemand erklären sollen, dass wir auf einer Kugel leben. Grenzenloses Wachstum ist da ein eher ungeschicktes Konzept. Wie würde das aussehen, wenn die ganze Weltbevölkerung so hemmungslos loskonsumieren würde, wie wir es in den Industrieländern tun? Wenn Viehweiden und Städte sich immer weiter ausdehnen, dann stoßen sie jedenfalls zwangsläufig irgendwann aneinander – und die Natur wird dazwischen zerquetscht. Die Grenzen des Konsums sind erreicht! Dabei könnten wir uns hier ganz gut arrangieren, wenn wir statt immer mehr unnutzes Zeug zu verkonsumieren, endlich mal lernen würden, das Nötige richtig zu verteilen. Ein Blick in die Geschichtsbücher könnte sich da lohnen, die Hochkulturen der Vergangenheit sind nicht zufällig untergegangen: „Um allgemeinen materiellen Wohlstand zu erzeugen, muss eine Gesellschaft sowohl das Produktionsproblem als auch das Verteilungsproblem lösen. Hochkulturen entstehen immer dann, wenn das Produktionsproblem gelöst wird. Hochkulturen gehen immer dann unter, wenn sie das Verteilungsproblem nicht lösen,“ schreibt Erhard Glötzl in seinen „20 Thesen zur Finanzkrise“. Lebensstil Konsum Die Art wie unsere Gesellschaft funktioniert, verschärft nicht nur das Verteilungsproblem, sie ist absurd, denn die ganze Wirtschaft hängt davon ab, dass immer mehr und mehr konsumiert wird. Was man sich mal hätte fragen können: Geht das überhaupt? Der Historiker Wolfgang König vom Fachgebiet Technikgeschichte der TU Berlin, Autor des Buches „Kleine Geschichte der Konsumgesellschaft“ kommt zu einem wenig überraschenden Schluss: „Die Frage, ob sich das derzeitige Konsumverhalten noch beliebig verlängern lässt, muss mit ‚Nein‘ beantwortet werden,“ so der Geschichtsforscher. Schon seit den frühen Hochkulturen gibt es Konsum, der weit über die Deckung von Grundbedürfnissen hinausgeht. War dieser jedoch früher immer ein Privileg reicher Oberschichten, entwickelte er sich in den USA der Zwischenkriegszeit erstmals zum Gesellschaftsphänomen. Als Grundvoraussetzungen dafür sieht König die Verfügbarkeit von Ressourcen und Bodenschätzen sowie eine höchst produktive Landwirtschaft. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg seien die Voraussetzungen geschaffen worden, dass der Konsum heute in der ganzen industrialisierten Welt zur dominierenden Lebensform geworden ist. Was zu viel ist, ist zu viel: Grenzen des Konsums Nun gibt es immer mehr unübersehbare Anzeichen dafür, dass Konsum in seiner heutigen Form an seine Grenzen gelangt ist. „Die ökologische Krise macht uns deutlich, dass unser konsumptiver Lebensstil kein global anwendbares Modell ist. Ein Viertel der Weltbevölkerung verbraucht derzeit drei Viertel der Ressourcen und erzeugt drei Viertel des Abfalls und der Emissionen.“ Menschlicher Einfluss ist für ein Massen-Aussterben von Tierarten verantwortlich, dass es in diesem Ausmaß wahrscheinlich zuletzt zur Zeit der Dinosaurier gab: Etwa 25.000 Arten sterben jedes Jahr aus – geschichtlich gesehen dürfte jedoch eigentlich nur eine Art alle 5 Jahre aussterben. Und das ist nur ein Aspekt, der belegt, wie massiv wir unsere Erde zugrunde richten. Aber auch wirtschaftlich liegt die beste Zeit hinter uns: Die Reallöhne, wie auch die Exportüberschüsse der Industrieländer stagnieren, was langfristig Verteilungskämpfe, politische Proteste und soziale Verwerfungen hervorruft. Gewaltsames Gesundschrumpfen? Rechnerisch könnte ein globaler Ausgleich gelingen, indem das Konsumniveau der reichen Länder erheblich abgesenkt und Notwendiges global gerechter verteilt wird. „In der Praxis zeigt sich jedoch, dass wir schwer zum Verzicht bereit sind. Zwar verzichten einige Wohlhabende auf das völlige Ausnutzen ihrer Konsummöglichkeiten, doch ist dies weniger als der Tropfen auf den heißen Stein. Der Konsumverzicht wird daher eher unfreiwillig geschehen, etwa durch Inflation oder durch das Sinken der Reallöhne.“ Wie es in Zukunft tatsächlich weitergeht, versuchen derzeit mehrere Modelle zu prophezeien. „Illusorisch ist die Annahme, dass eine weiter entwickelte Technik den ärmeren Ländern ein hohes Entwicklungsniveau erlaubt, ohne dass wir etwas abgeben müssen. Auch die freiwillige Askese der reichen Länder scheint unmöglich. Wahrscheinlicher ist eine Kombination beider Ansätze.“ Historischer Umbruch Die Gesellschaft befinde sich in einem Umbruch, den König in eine Reihe mit der neolithischen und industriellen Revolution stellt. „Alle großen Umbrüche werden allerdings nicht von Zeitgenossen, sondern erst ein halbes Jahrhundert später als solche erkannt. Derzeit sind wir noch nicht in der Lage, die Lage zu überblicken.“ Mehr zum Thema bei Sein.de Klimawandel: nicht zu viele Menschen, sondern zu viel Konsum Riesiger Müllstrudel im Pazifik Text mit Material von Pressetext.de 3 Responses peter kelczynski 21. Oktober 2009 hallo in die runde, endlich mal ein beitrag, der das wachstumsmodell an sich in den focus rückt. wenn es das co2 problem nicht gäbe, hätte es erfunden werden müssen! das scheint momentan der einzige minimalkonsens auf dieser welt zu sein, überhaupt etwas zu tun. die einsicht, dass im wachstumsdogma das problem liegt, wird sich nur langsam durchsetzen, obwohl hier der schlüssel liegt. trost gibt mir, dass dieser ansatz immer öfter mal lesbar wird! ich schreibe auch schon länger darüber: http://peteke.wordpress.com/2009/09/23/co2-problem/ Antworten David 19. Oktober 2009 Lieber Harald, ich sehe das ebenso wie Du, der Artikel sollte weniger zu Konsumverzicht aufrufen, als darauf aufmerksam machen, das unser System sein Haltbarkeitsdatum ueberschritten hat und wir dringend einen Sytsemwechsel brauchen. Gruss David Antworten harald schwarzenberg 19. Oktober 2009 lieber kollege/in im immer bedrohteren sein es gibt nicht nur eine absolute grenze des konsums, es droht nicht nur der ökologische kollaps aufgebrauchter ressourcen: auch für die derzeitigen produktionsmittelbesitzer tickt die technologische -finale-überproduktivitätszeitbombe, immer schärfer gemacht durch kapitalistische konkurrenz und kampf der vom kapital abhängig arbeitenden um menschenwürdige bezahlung ihrer arbeitskraft- wenn die lebendige arbeit bis zu einem kritischen punkt aus der kapitalistischen produktion eliminiert ist, gibt es kapitalismus im eigentlichen sinne nicht mehr. dann vermutlich übergang zu tyrannischer herrschaft der reichen,produktionsmittelbesitzer über den globus… nur wenn das produktionssystem von der leerlauf-mehrwertproduktion auf nachhaltige,radikal-demokratische u. partizipatorische solidarische bedarfdeckungsgefüge umgestellt wird kann der ökonomische und so auch der ökologische zusammenbruch unserer schönen erde evtl. noch verhindert werden. konsumverzicht i m profitsystem geht nicht weil spiralförmig anwachsende mehrwertproduktion halt immer auch analog anwachsende güterkonsumtion benötigt.. kritisch-solidarischen gruss harald schwarzenberg Antworten Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. 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peter kelczynski 21. Oktober 2009 hallo in die runde, endlich mal ein beitrag, der das wachstumsmodell an sich in den focus rückt. wenn es das co2 problem nicht gäbe, hätte es erfunden werden müssen! das scheint momentan der einzige minimalkonsens auf dieser welt zu sein, überhaupt etwas zu tun. die einsicht, dass im wachstumsdogma das problem liegt, wird sich nur langsam durchsetzen, obwohl hier der schlüssel liegt. trost gibt mir, dass dieser ansatz immer öfter mal lesbar wird! ich schreibe auch schon länger darüber: http://peteke.wordpress.com/2009/09/23/co2-problem/ Antworten
David 19. Oktober 2009 Lieber Harald, ich sehe das ebenso wie Du, der Artikel sollte weniger zu Konsumverzicht aufrufen, als darauf aufmerksam machen, das unser System sein Haltbarkeitsdatum ueberschritten hat und wir dringend einen Sytsemwechsel brauchen. Gruss David Antworten
harald schwarzenberg 19. Oktober 2009 lieber kollege/in im immer bedrohteren sein es gibt nicht nur eine absolute grenze des konsums, es droht nicht nur der ökologische kollaps aufgebrauchter ressourcen: auch für die derzeitigen produktionsmittelbesitzer tickt die technologische -finale-überproduktivitätszeitbombe, immer schärfer gemacht durch kapitalistische konkurrenz und kampf der vom kapital abhängig arbeitenden um menschenwürdige bezahlung ihrer arbeitskraft- wenn die lebendige arbeit bis zu einem kritischen punkt aus der kapitalistischen produktion eliminiert ist, gibt es kapitalismus im eigentlichen sinne nicht mehr. dann vermutlich übergang zu tyrannischer herrschaft der reichen,produktionsmittelbesitzer über den globus… nur wenn das produktionssystem von der leerlauf-mehrwertproduktion auf nachhaltige,radikal-demokratische u. partizipatorische solidarische bedarfdeckungsgefüge umgestellt wird kann der ökonomische und so auch der ökologische zusammenbruch unserer schönen erde evtl. noch verhindert werden. konsumverzicht i m profitsystem geht nicht weil spiralförmig anwachsende mehrwertproduktion halt immer auch analog anwachsende güterkonsumtion benötigt.. kritisch-solidarischen gruss harald schwarzenberg Antworten