Heilsames Trommeln hat eine ganzheitliche Wirkung auf uns und kann ein wichtiger Begleiter auf dem Weg der Heilung sein.

Von Astika

Ein Instrument, mit dem wir stark resonieren –  wie beispielsweise die Trommel – kann ein wichtiger Begleiter auf dem Weg der Heilung sein. Im Leib unserer Mutter erhalten wir den Grundrhythmus ihres Herzens als Basis für unsere Musikalität, die sich bei jedem auf unterschiedliche Weise entfalten kann. Durch das heilsame Trommeln habe ich Heilung auf verschiedenen Ebenen erfahren.

Das richtige Instrument finden

Unzählige Stunden meines Lebens verbrachte ich mit Musik hören. Doch meine halbherzigen Versuche Klavier oder Gitarre zu lernen, endeten recht schnell. Dann sah ich auf einem Markt in Palermo ein Instrument, das ich aus irgendeinem Grund kaufen musste. Obwohl ich damals keine Ahnung davon hatte, welche Musik man damit machen kann. Und ebensowenig wusste, wie man es richtig spielt. Mir war nur klar, dass es zu mir gehört.

Es war eine westafrikanische Djembé, eines der Urinstrumente der Menschheit. Es begleitete mich viele Jahre. Verbunden mit dem vagen Wunsch, irgendwann einen Lehrer zu finden, der mir diese Musik beibringen würde. Ein paar Jahre später war der richtige Zeitpunkt gekommen. Als ich diese Musik zum ersten Mal hörte, die professionellen Musiker in Aktion beobachtete, war das ein einschneidendes Erlebnis für mich. Eines, das ich vor allem mit einem assoziierte: Kraft.

Begeistert ging ich zum Unterricht und lernte einige Grundrhythmen der Malinke-Völker. Doch bald schon wollte ich diese Musik und mein Instrument nur noch im freien Spiel erkunden. Insbesondere im improvisierten Zusammenspiel mit anderen. So wurde ich zu einer leidenschaftlichen Hobby-Trommlerin. Meine Djembé ist ein geliebter und fester Bestandteil meines Lebens geworden.

Selbstausdruck und Verbindung erfahren

Die Djembé ist mein Instrument, um mich auf kraftvolle Art und Weise in dieser Welt hörbar und auch sichtbar zu machen. Mit einem Schlag auf das Zentrum des Ziegenfells löst sich eine Welle von kraftvollem Klang. Ein Klang, der hervordringt und sich ausbreitet. Ich kann andere damit rufen, ich kann damit aber auch etwas mitteilen. Von dem, was ich bin oder was ich in diesem Moment fühle. Meine Hand gibt an das Fell weiter, welche Kraft in meinem Inneren steckt. Und dass ich bereit bin, diese Kraft mit anderen zu teilen und mich mit ihrer Kraft zu verbinden.

Diese Welle erfasst manchmal andere Spieler und bringt sie dazu mich zu begleiten. Ein anderes Mal werde ich von ihrem Spiel mitgenommen und inspiriert. Wir kommen in Austausch, verspinnen uns harmonisch.

Heilsames Trommeln fordert zum Tanzen auf

Manchmal erreichen die Klänge auch die Füße von vorbeigehenden Menschen und bringen sie spontan zum Tanzen. Sie sehen mich an. Sie wollen wissen, woher die Klangfäden kommen, die sie gerade erfasst haben. Und die sie festhalten, ihnen etwas über mich und uns erzählen. Gleichzeitig über die Geschichte von Tausenden von Jahren erzählen, in denen Menschen diese dunklen, schweren Hölzer mit den darauf gespannten Fellen nutzten, um sich zu rufen. Um sich zu versammeln, sich mit Klängen Geschichten zu erzählen. Ihren Alltag musikalisch zu begleiten. Lebensenergie zu wecken. Um zu tanzen und sich gemeinsam in Trance zu versetzen.

Sogar Taube in der Gemeinschaft konnten anhand der Vibration in dem Erdboden erspüren, dass es nun losging. Dass sich jetzt alle versammeln würden. Über diese Musik bin ich mit allen verbunden, die seit jeher und überall diese Kraft und diese Geschichten auf diese Weise verbreiteten. Und mit all jenen, die sie empfangen.

Vom Verstand in die ursprüngliche Kraft des Körpers kommen

Wenn ich spiele, dann entlocke ich meiner Djembé viele unterschiedliche Klänge: dunkel, kraftvoll und warm. Hell und federleicht. Und alles dazwischen. Diese Klänge reichen tief in meinen Körper hinein, von dort aus bahnen sie sich ihren Weg in meine Hände, die sie an das Fell weitergeben. Die Geschichten kommen aus meinen Eingeweiden und dem Knochenmark. Aus dem Herzen und dem Blut. Aus Muskeln und Sehnen, die alle Erfahrungen gespeichert haben.

Jeder einmal gespielte Rhythmus setzt sich auf geheimnisvolle Weise in meinem Körper fest. Während sich mein Kopf vielleicht nicht mehr an ihn erinnert, hat sich mein Körper alles gemerkt. Er kann ohne Beteiligung des Verstandes alles wiedergeben. Für das Spiel auf der Djembé gibt es keine Noten, sondern Klangmuster, die aus drei Tönen bestehen. Will ich die gelernten oder selbst kreierten Muster spielen, brauche ich nur ein Bild davon. Oder die in Silben gesprochenen Rhythmen und die Erinnerung meines Körpers an die Abfolgen, den richtigen Druck, die richtige Stellung der Hände.

Heilsames Trommeln als Selbstausdruck

Meine Djembé übersetzt einen Teil von mir für diese Welt und ist damit ein Tor. Ich bin ein eher introvertierter Mensch. Diese typische Hals-Chakra-Problematik kann ich mithilfe des Trommelns gut behandeln, denn ich komme aus der Kopflastigkeit unseres Kulturkreises hinaus und kann mich in meinem Körper verankern. Dessen Weisheit nutzen und damit eine bessere Balance herstellen. Ich spüre den Kraftfluss, der heilsames Trommeln in Gang setzt.

Es ist eine rohe, ursprüngliche Kraft. Bin ich manchmal in meinen Gedankenkreisen gefangen, die mich niederdrücken, ist es das Trommeln, das mich aus dieser Lethargie und Depression befreien kann. Wenn nichts anderes mehr hilft, keine Meditation, kein Gespräch, so kann ich immer noch mein Instrument in die Hand nehmen und durch das Spiel auf meine Kraftreserven zugreifen. Einfach indem ich von den destruktiven Gedanken des Verstandes in die Kraft meines Körpers wechsle. Dann kommt die Energie wieder ins Fließen. Doch es gibt noch weitere Aspekte von Heilung, die ich erfahren habe.

Zugang zur Kreatitvität finden

Am liebsten spiele ich draußen im Park. Manchmal schaue ich dann hinauf in die Baumkronen und werde einfach offen. Empfange. Meine Hände transformieren die ankommenden Signale in wohltuende Klänge. Und manchmal fliege ich dann. Dann geht alles von selbst. Dann beginnen neue musikalische Dinge, die ich vorher noch nie erlebt habe. Dann spielt die begeisterte Trommlerin in mir und ich schaue ihr nur noch gebannt zu und wundere mich, woher all das kommt.

Ich trete zur Seite und lasse zu. Ich lasse fließen, was durch mich fließen will, aus einem riesigen hellen Tor. Und es geschieht von ganz allein. Während ich in anderen Bereichen meines Lebens manchmal nicht den Zugang zu dieser Welt finde und mich blockiert fühle, so geht das beim heilsames Trommeln meist ganz einfach. In einem Moment der Blockade kann ich mich daran erinnern und diese Erfahrung nutzen, den Kanal wieder zu öffnen und den großen Fluss einfach fließen lassen.

Improvisation als heilsame Co-Kreation erleben

Diese heilsame Kreativität entsteht meistens dann, wenn ich mich im improvisierten Zusammenspiel mit den anderen befinde. Wir co-kreieren dann auf unterschiedliche Art und Weise. In diesem Zustand schweben wir alle in einem besonderen Raum – und dieser Zeit dazwischen. Momente entstehen, in denen wir ahnen können, wer wir wirklich sein können. Wir beginnen einfach damit, scheinbar ziellos vor uns hin zu spielen. Jemand probiert etwas aus. Wenn es nicht klappt, lachen wir miteinander und probieren einfach weiter. Irgendwann passt es. Wir wiederholen die neu gefundenen Rhythmen wie Mantren oder variieren sie so lange, bis sie gut in- oder zueinander passen.

Durch heilsames Trommeln weben gemeinsam einen Klangteppich, auf dem wir uns ausbreiten und entspannen können. Und in Trance geraten. Ich sehe dann meist die glücklich lächelnden oder vollkommen abwesenden Gesichter meiner Musikerfreunde. Manchmal bekomme ich dann Lust, einen neuen bunten Faden in den Teppich zu weben, indem ich meine Trommel ganz frei erzählen lasse. Sie kennt aufgeregte und spannende Geschichten. Manchmal echauffiert sie sich. Manchmal stolpert, humpelt oder tribbelt sie. Erklimmt einen Berg und wird richtig laut, um sich dann wieder einzufügen und einem anderen Spieler seine eigene Geschichte erzählen zu lassen.

Dieser wunderbare Zustand der Co-Kreation lässt alle Beteiligten erblühen. Er erwächst aus dem tiefen Vertrauen, dass jeder seinen Platz hat und jeder genug bekommt von dem, was er braucht. Jeder kann hier alles geben und jeder bekommt hier alles. Es entsteht eine tiefe Entspannung, die erst den kreativen Fluss möglich macht. Manchmal sind wir selbst überrascht davon, was wir imstande sind zu erschaffen.

Über die Kraft der Zugehörigkeit

Das höchste Ziel ist nicht, besonders gut zu sein. Oder mit der Musik Geld zu verdienen. Erfolg zu haben. Wir kommen zusammen, um uns auszudrücken. Freude und Verbundenheit zu empfinden. In der Gemeinschaft aufzugehen und Teil von etwas zu sein. Es ist das gegenseitige Befreien von Zwängen und Ängsten.

Wenn ich weiß, dass ich wertgeschätzt werde wie ich bin, kann ich die Angst vor dem Urteil aufgeben. Und kann das nach außen bringen, was tatsächlich nach außen kommen möchte. Und in diesem Zustand der Verbundenheit verbinden sich auch die kreativen Ideen und Flüsse aller und kreieren ihr eigenes Werk.

Trommlen schwingen im Körper nach

Ich gehe dann nach Hause mit einem Gefühl tiefster Erfülltheit. Nachts kann ich oftmals lange nicht einschlafen. Ich sehe noch die zufriedenen Gesichter der anderen. Höre noch lange unsere Musik, obwohl es ganz still ist. Meine Füße zappeln dann im Takt. Und sie fügen den Erinnerungen noch ein paar neue Ideen hinzu.

Wir schwärmen noch Tage später von diesen magischen Momenten, die wir miteinander geteilt haben. Unsere Musik ist immer offen und anschlussfähig für neue Ideen, für neue Menschen. Für neue Instrumente. Für Gesang und Tanz. Sogar spontane Feuershows begleiteten unser Spiel.

Manchmal blicken mich die anderen erwartungsvoll an. Ich werde um Führung gebeten und ich gebe sie. Früher habe ich diese Aufgaben immer abgelehnt. Aber hier erfülle ich sie gern. Ich trommle die Töne, die wie tragende Säulen in jeden neuen Moment hineinragen. Und ich halte dieses Haus unserer Musik. Alle verlassen sich auf mich, dass ich halte. Und ich tue es. Manchmal werde ich nervös, manchmal zittere ich ein bisschen dabei.

Dann fühle ich die Verantwortung, dass jetzt alles klappen muss. Dass meine Hände das Bild vom Klangmuster, das ich vor mir sehe, mit der richtigen Haltung und dem richtigen Druck im perfekten Zeitfenster auf das Fell zaubern. Meine Beine das schwere Holz festhalten. Ich mit den anderen harmoniere und nicht denke. Nichts in Frage stelle. Und es läuft. Ich werde in eine Rolle gehoben, vor der ich vorher immer Angst hatte.

Heilsames Trommeln als Therapie

In dieser Gemeinschaft von experimentierfreudigen, freigeistigen Hobby-Musikern sind mit der Zeit Freundschaften gewachsen, die mir den Raum schenken, mich im kleinen Rahmen zu öffnen und Wunden zu heilen. Mit einem meiner engsten Freunde habe ich es geschafft, das Trommeln zur Heilung meiner Angststörung zu nutzen.

Viele Abende saßen wir gemeinsam zusammen und erzählten uns von den größeren und kleineres Traumata unseres Lebens. Und in dem Moment, in dem die Emotionen begannen zu fliessen und hochzukochen, als Worte nichts mehr erreichen konnten, nahmen wir unsere Djembés in die Hand und ließen es fließen. Wir transformierten Wut, Ängste, Schmerz und Trauer in Melodie und Rhythmus. Danach gingen wir in die nächste Runde, bis wir irgendwann lächelten und uns leichter fühlten. Heilsames Trommeln kann eine Menge an Emotionen halten und verwandeln. Außerdem kann man nicht zur gleichen Zeit Djembé spielen und eine Angstattacke erleben.

Als ich meiner Freude und meiner Leidenschaft gefolgt bin, habe ich mich automatisch auf den Weg der Heilung begeben. Indem ich offen war für die Hilfsmittel, die mir dabei begegneten, bekam ich einen wunderbaren Begleiter auf diesem Heilungsprozesses an die Seite gestellt. Diese Heilung geschah und geschieht auf diversen Ebenen. Die Bereiche, in denen ich gewachsen bin, die ich neu entdeckt und erfahren habe, kann ich auf viele andere Situationen meines Lebens übertragen. Das ist ein wunderbares Geschenk.

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