Für die Kraft des Geistes gibt es inzwischen eine ganze Menge sogar wissenschaftlicher Belege wie etwa die Placebo-Experimente.

In den USA teilte man Patienten vor einer Knieoperation nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein. Die erste Gruppe wurde ganz normal operiert, die zweite bekam nur eine Scheinoperation, einen Hautschnitt, eine gewisse Narkoseverzögerung, und dann wurden beide Gruppen auf Station entlassen, ohne dass die weiterbehandelnden Ärzte etwas von dem Experiment ahnten. Das für Wissenschaftler erstaunliche Ergebnis war, dass beide Gruppen später überhaupt nicht zu unterscheiden waren. Die Scheinoperationen hatten genauso gewirkt wie die im Körper wirklich durchgeführten.

Ein entsprechendes Experiment bei Patienten, die zur Operation ihrer Herzkranzgefäße anstanden, führte zu dem gleichen Ergebnis. Auch die nur zum Schein Operierten hatten dieselben positiven Ergebnisse wie die real der Operation unterzogenen. Ähnliches widerfuhr jetzt Wissenschaftlern – allerdings völlig unerwartet –, die die Effekte der neuen Generation von Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) im Vergleich zum Placeboeffekt testen wollten. Mittel wie die neue Lifestyle-Droge Prozac (Fluktin in Deutschland), die schon 50 Millionen US-Amerikaner regelmäßig zur Hebung ihrer Stimmung einnehmen, schnitten kaum besser ab als die Placebos. Was die Forscher so enttäuschte, hat aber vor allem damit zu tun, dass die Scheinmedikamente so unglaublich gut abschnitten.

Die Kraft des Geistes: Der Glaube versetzt Berge

Das steht bekanntlich schon in der Bibel und beweist sich jetzt bis in die Schulmedizin. Überhaupt lässt sich feststellen, dass Grundlagenforschung in allen möglichen Bereichen der Wissenschaft recht schnell das Wissen der uralten Weisheitslehren bestätigt.

Dass der Glaube an ein Gebet diesem bei der Verwirklichung hilft, steht für einen religiösen Menschen außer Zweifel. Inzwischen aber können wir es beweisen. Der Internist Larry Dossey führte schon vor Jahren ein Experiment durch, das noch weiter ging und zeigte, dass es schon reicht, wenn andere, Wildfremde an ihr Gebet glauben, um es wirksam werden zu lassen. Zu diesem Zweck hatte er Herzpatienten einer Klinik in sehr schlechtem Zustand wieder per Zufallsauswahl in zwei Gruppen aufteilen lassen. Für die eine Gruppe beteten die Mitglieder eines Bet-Kreises, für die anderen nicht. Die Betenden kannten nur die Namen auf Zetteln, die Patienten und ihre behandelnden Ärzte wussten überhaupt nichts von dem Versuch. Nach einiger Zeit stellte man erstaunliche und für die Wissenschaftler geradezu erschreckende Unterschiede zwischen beiden Gruppen fest. Denjenigen, für die gebetet worden war, ging es in vieler Hinsicht und vor allem auch, was ihre Herzproblematik anging, besser als den Mitgliedern der anderen Gruppe.

Das heißt nun aber noch lange nicht, dass wir alles willentlich sozusagen zwingen können, aber wir können mit unserem Geist und der Kraft seiner Gedanken doch deutlich mehr bewegen, als wir uns gemeinhin zutrauen. Wir könnten uns bei solchen Einsichten also durchaus überlegen, ob wir diese Gedankenkraft nicht viel bewusster und vor allem positiver einsetzen wollen. Hier könnte sich ganz zwanglos der Einstieg ins sogenannte positive Denken, die Arbeit mit Affirmationen, eröffnen – ein Weg, vor dem ich grundsätzlich eher warnen würde. Was ihm widerstrebt, zu bekämpfen, liegt dem Menschen noch näher als das Positive, das er liebt, zu fördern.

Die Anti-Kette in der Medizin

Obwohl die großen Religionen sich einig sind, dass darin keine Lösung liegen kann, hat sich diese Antihaltung weitestgehend durchgesetzt. Die moderne Medizin ist über weite Strecken eine Antimedizin geworden, die sich die Bekämpfung allen möglichen Übels zum Ziel gesetzt hat. Mit Antibiotika versucht sie der Bakterien Herr zu werden, mit Antihypertensiva dem hohen Blutdruck beizukommen, mit Antidepressiva hellt sie die Stimmung verstimmter Menschen auf, mit Antihistaminika unterdrückt sie den Juckreiz, durch Antikoagulantien hindert sie das Blut am Verklumpen, mit Antiepilektika blockiert sie die Krampfbereitschaft und mit Antirheumatika hofft sie der Volkskrankheit Rheuma Paroli zu bieten. Diese Anti-Kette ließe sich beliebig verlängern. Ergänzt wird sie durch die verschiedenen Hemmer und Blocker, von Säurehemmern gegen die Magensäure bis zu Betablockern gegen heraufdrängende Emotionen. Wo die Medizin es nicht schafft, zu unterdrücken, zu hemmen oder zu blockieren, versucht sie wenigstens noch Stillstand zu erreichen etwa mit Virostatika gegen die Viren. Unsere Antihaltung ist inzwischen so verbreitet, dass Bezeichnungen wie Heilmittel fast antiquiert wirken. Heil hat mit Vollständigkeit zu tun, meint letztlich ganz werden. An der Schulmedizin lässt sich meiner Ansicht nach auch gut zeigen, dass diese Haltung langfristig nichts bringt. Auf diesem Weg lässt sich Gesundheit einfach nicht erzwingen.

Kein Heil ohne Aussöhnung mit dem Schatten

Die Kraft des Geistes

Zu denken könnte uns in dieser Situation auch geben, dass der Versuch eines Direktfluges ins Heil unter Umgehung der Aussöhnung mit dem Schatten in keiner Tradition vorkommt. Christus macht uns zur Aufgabe, die Feinde zu lieben, nicht sie zu bekämpfen, zu hemmen oder zu blockieren. Allopathischer Kampf ist nicht nur ein unchristlicher Ansatz, er ist auch letztlich, was das Heil angeht, völlig verkehrt, führt er doch über Verdrängung zum Unheil.
Trotzdem setzten sich diese Verdrängungsspiele in der spirituellen Szene weitgehend durch und allenthalben verbreiten Verlage positives Denken und Affirmationsbändchen unter der Oberrubrik Esoterik.
Der bezüglich des positiven Denkens grundlegendste Text, der zugleich (Ideen-) Quelle der meisten heutigen Positivdenker ist, stammt von Prentice Mulford und lautet „Vom Sinn und Unsinn des Lebens und des Sterbens“. Bei Mulford hat diese Richtung sogar noch ihren Charme. Er setzte bereits lange vor seinen modernen Nachfahren auf physische Unsterblichkeit und ist dann doch relativ jung gestorben. Insofern hat er seine Lehre noch selbst relativiert.
Allerdings dürfen wir an dieser Stelle auch nicht übersehen, dass viele Suchende über den Umweg des positiven Denkens auf die Suche und damit auf ihren spirituellen Weg gelangt sind. Da es aber eben doch ein Umweg ist, sei er auch hier nicht länger durch Aufmerksamkeit hervorgehoben, sondern durch tiefere Texte widerlegt.

Nicht nur Buddha ist davon ausgegangen, dass alles Leben Leid ist, auch praktisch alle anderen Stifter großer Religionen haben das Leid als vorgegebene Möglichkeit der Reifung erkannt und dazu aufgerufen, in ihm eine Aufgabe zu sehen, der es sich zu stellen gilt. Jedenfalls wird – außer vielfach in der Esoterikszene – überall davon abgeraten, Leid einfach zu ignorieren und zu übergehen.

Unsere Gedanken haben zwar Macht, aber nicht jede und zu jedem Zweck beziehungsweise sollten wir das gar nicht versuchen, denn es geht mit Sicherheit daneben und das Lehrgeld haben andere schon zur Genüge bezahlt. Letztlich sind wir durch die Macht der eigenen Gedanken und die Kraft des Geistes wohl viel freier, als die meisten glauben, aber längst nicht so frei, dass wir das Schicksal zwingen könnten. Für die Praxis empfiehlt sich die Devise, die Gedankenkraft nicht in einer Richtung zu benutzen, die uns um Lernaufgaben betrügen will. Denn wer sich alles ersparen will, dem bleibt bekanntlich nichts erspart. Wer sich nichts ersparen will, dem bleibt zwar auch nichts erspart, aber er hat sich immerhin mit seinem relativ freien Willen dazu entschieden, anzunehmen, was ihm an Aufgaben zuwächst, insofern wird er ungleich besser gewappnet sein. Also fahren wir im Leben am besten, wenn wir es annehmen, wie es auf uns zukommt, unseren freien Willen aber dazu nutzen, das in einer positiven und offenen Weise zu tun und uns dabei sogar helfen zu lassen.

Unser Problem ist, dass wir das Leben immer vorwärts leben müssen, es aber meist erst zurückblickend verstehen können. Insofern sollten wir – wenn wir es gut mit uns und der Welt meinen – so leben, als wären wir frei in unserem Willen, um allerdings rückwirkend zu erkennen, dass wir das längst nicht immer so waren, wie wir es auf dem Hinweg erlebt haben.


Literatur:

Ruediger Dahlke, „Aggression als Chance“ (Bertelsmann, 2003),
„Krankheit als Symbol“ (Bertelsmann Verlag)

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