Eine kreative Quelle steckt in jedem von uns. Oft bleibt sie verschlossen, doch wenn sie sich öffnet, kann sie ein Leben verändern.
Cornelia Regler sprach mit Astrid T. Marai über Malerei als Berufung – Leidenschaft in Farbe.

Cornelia Regler: Du malst seit zwei Jahren. Wie hat das angefangen?

Astrid T. Marai: Eher zufällig. Ich fand im Internet eine Illustration zu einem erotischen Gedicht, die mich unglaublich faszinierte. Ein Bild in starken Rottönen, Ölkreide auf Terpentin. In dem Moment wusste ich, dass ich das auch kann, und ich ging und kaufte Farben.

 

Cornelia Regler: Wie bist du an deine innere Quelle gelangt?

Astrid T. Marai: Ich glaube, die innere Quelle war schon freigeschaufelt. Ich hatte zuvor intensiv Atem- und Gesangsarbeit gemacht und bin dadurch gewissermaßen durchlässig geworden. Am Anfang habe ich sogar gezielt auf bestimmte Musik gemalt. Es ist alles nur eine Frage des Loslassens. Als ich diese Farben kaufte, folgte ich nur diesem Impuls nach Ausdruck. Es gab kein Ziel und kein Wissen darüber, wie ich es machen soll. Ich habe einfach herumexperimentiert und darauf vertraut, dass es nichts verkehrt zu machen gibt. Selbst ein „misslungenes“ Bild ist immer wieder zu retten. Man muss nur dranbleiben. Es ist einfach faszinierend, dass sich die Ordnung im Chaos immer wieder durchsetzt.

 

Cornelia Regler: Würdest du die Malerei als deine Berufung bezeichnen?

Astrid T. Marai: Wenn Berufung der Trieb ist, leidenschaftlich etwas tun zu müssen, was man zuvor nicht für möglich gehalten hätte, dann ja. Wenn ich mit dem Malen beginne, muss ich mich nicht anstrengen, ich muss nur offen sein, um den Fluss zu ermöglichen. Die Feinarbeit kommt danach, wenn ich das Rohmaterial in eine Form bringe. Dann bleibe ich solange dran, bis es für mich stimmt, bis die Aussage deutlich ist. Dieses Ordnen des Chaos ist das Aufregende, weil da Erfahrung, Verstand und meine ästhetischen Normen eine Rolle spielen.

 

Cornelia Regler: Woher nimmst du die Ideen für deine Bilder?

Astrid T. Marai: Ich beginne ein Bild nie mit einer Absicht. Da gibt es ein bestimmtes Gefühl, aus dem heraus ich den ersten Farbimpuls setze. Ich überlege nicht lange, sondern folge meiner Intuition. Das geschieht meist sehr schnell, alles drängt aufs Papier. Das ist wie ein Dialog, jeder Strich, jede Farbe braucht eine andere Antwort, Papier reagiert anders als die Leinwand. Irgendwann fängt das Bild zu leben an, Szenen und Stimmungen entstehen, dann modelliere ich gezielt die Aussage. Das sind ganz häufig Sachen, die ich schon mal geträumt habe. Ich habe ganze Archive von Traumszenen im Kopf, die sich hie und da materialisieren. Es passiert mir aber auch, dass ich ein Bild aus einem Impuls heraus „zerstöre“, es immer wieder übermale, und eigenartigerweise sind das dann die interessantesten Bilder.

 

Cornelia Regler: Möchtest du mit deiner Kunst eine Botschaft transportieren?

Astrid T. Marai:Vielleicht, dass es einen Korridor zwischen Traum und Wirklichkeit gibt. Ich glaube, dass sehr viele Bilder von mir in diesem Zwischenstadium angesiedelt sind. Sie bilden weder Reales noch Surreales ab, aber vielleicht so etwas wie Hoffnung.

Leidenschaft in FarbeCornelia Regler: Wie würde sich dein Leben verändern, wenn du nicht mehr malen könntest?

Astrid T. Marai:Das kann ich mir gar nicht mehr vorstellen. Ich bin so gespannt auf all die Entwicklungen, die noch möglich sind. Farbe und Form sind unerschöpflich. Ich habe das Gefühl, dass ich erst im Vorfeld dessen bin, was ich wirklich ausdrücken möchte. Es gibt zwar einen roten Faden, aber die Absicht ist mir noch nicht bewusst.

 

Cornelia Regler: Was bedeutet dir die Malerei?

Astrid T. Marai:Ein Maler erzählte mir mal, dass seine Kunst für ihn wie eine Geliebte sei. Das kann ich mittlerweile verstehen. Wenn ich im Prozess des Schaffens bin, kann mich nichts und niemand mehr stoppen. Beim Malen überkommt mich ein unbeschreibliches Gefühl, besser als jede Droge. Leidenschaft in Farbe!

 

Cornelia Regler: Möchtest du deine Berufung zum Beruf machen, damit Geld verdienen?

Astrid T. Marai: Mittlerweile kann ich mir sehr gut vorstellen, mit der Malerei meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Von Bildern kann eine unglaubliche Kraft ausgehen. Wenn es mir mit meinen Bildern gelingt, einen Hauch von Glück oder Hoffnung zu transportieren, ist das schon Sinn genug. Ich bringe die Bilder ja auch mit einem bestimmten Lebensgefühl in die Welt.

 

Cornelia Regler: Wo siehst du dich in fünf Jahren?

Astrid T. Marai: In fünf Jahren möchte ich an einem extremen Ort leben, auf einer Insel, in der Wüste oder auf einem Berg. Ganz nah an einer extremen Natur, deren Stimmungen ich dann in Farbe umsetzen werde. Ein Traum – aber vielleicht wird er wahr.

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