Uralte Lehren, moderne Ausbildungsmethoden

Trommeln und Trance, Krafttiere und Seelenführer: Das Vokabular des Schamanismus ist aus der zeitgenössischen Esoterik nicht mehr wegzudenken. Seit rund 30 000 Jahren gehen in Naturvölkern von Hawaii bis in die Mongolei, von Peru bis South Dakota eingeweihte Schamanen ihren jeweils ganz eigenen Weg der spirituellen Heilung. Und doch gibt es entscheidende Gemeinsamkeiten – die seit diesem Jahr von Oberösterreich aus an Interessierte in der gesamten deutschsprachigen Welt vermittelt werden. Der erste Schritt zur Verwirklichung des Traums vom Netzwerk schamanischer Praktiker war die Eröffnung der Internationalen Akademie für Schamanismus im Frühjahr vergangenen Jahres.

Seit die Ur-Schamanen ihre mystischen Visionen in Höhlenmalereien verewigt haben, fasziniert dieser sehr individuell geprägte Weg zu einem ganzheitlichen Leben die Menschen rund um den Globus – heute vielleicht mehr denn je, entspricht das schamanische Weltbild doch dem der meisten spirituellen Sucher in West und Ost: Eine Trennung zwischen Körper, Geist und Seele gibt es nicht, denn alles ist eins. So durchdringen sich auch die sichtbare Welt und die dahinter existierende „Anderswelt“. Deren wechselseitige Beeinflussung macht sich ein Schamane zunutze, indem er sich über veränderte Bewusstseinszustände (sei es durch Trance, Meditation oder die Einnahme von psychoaktiven Pflanzen) in die magische Anderswelt begibt, um von dort aus auf unsere alltägliche Realität einzuwirken. Ob bei einem solchen Tripp ein verlorener Seelenanteil heimgeholt, das persönliche Krafttier kontaktiert oder der ureigene Seelenführer zu Rate gezogen werden soll, stets geht es um Ganzwerdung und Heilung. Vor allem aber geht es um handfeste (Selbst-) Erfahrungen, nicht um abstrakten Glauben oder die ausgehöhlten Rituale einer erstarrten Religion.

 

Gelebte Mystik

„Zivilisationsverseuchte Menschen haben den Kontakt zur Natur weitgehend verloren, während Forschung und Wissenschaft die Welt in ihre Bestandteile zerlegen. Doch mit jedem neuen Detail verflüchtigt sich der Sinn für das Ganze. Anzeichen dafür sind der Raubbau an unserer Mitwelt, die Trennung in Körper und Seele, die Trennung von Bewusstsein und Materie. Kein Wunder, wenn die Menschen verzweifelt versuchen, ihren Hunger nach Spiritualität in Konsumtempeln zu kompensieren. Ganz anders der Schamane, denn er lebt in einer Realität ohne Trennung“, sagt Kurt Fenkart, der Gründer der Internationalen Akademie für Schamanismus. Der 46-jährige Vorarlberger muss es wissen, denn er wurde 1998 durch den Qero-Indianer Don Juan Qispe in Peru zum Schamanen der Inka-Tradition berufen. Als Ausbildungsleiter gibt der ehemalige Finanzprüfer nun weiter, was ihm anlässlich seiner Reisen nach Lateinamerika am eigenen Leibe widerfahren ist. Und das hört sich teilweise so abenteuerlich an, als wäre es Wort für Wort dem Kultbuch „Die Prophezeiungen von Celestine“ entnommen…

„Ich erinnere mich, als ich erstmals in der Tempelanlage von Tambomachay war. Dort gibt es gemauerte Nischen, von denen eine so starke Energie ausgeht, dass sie tatsächlich summen und vibrieren! Als ich die für mich passende Nische gefunden und mich hineingesetzt hatte, begann jede Zelle in meinem Körper zu schwingen – es fühlte sich an wie eine erfrischende Dusche nach einem harten Arbeitstag. Oder meine Einweihungszeremonie unter den Qero-Indianern: Nach einer beängstigenden Busfahrt über Schotterpisten und tagelangem Fußmarsch wurde ich auf 4800 Metern Seehöhe mit zutiefst berührenden Lichterscheinungen konfrontiert, die sich mein Verstand bis heute nicht erklären kann. Doch das Gefühl der Geborgenheit, der liebevollen Kommunikation und der Verklärtheit sind mir nach wie vor präsent. Solche Momente sind es, die ich in meiner Akademie an die AnwärterInnen zum schamanischen Praktiker weitergeben möchte.“ Der in verschiedensten schamanischen Traditionen (initiert u.a. durch den Machiguenga-Indianer Don Ignacio und ausgebildet zum Sioux-Schamanen von Thunder Bear) beheimatete Vater zweier Töchter hat eine klare Lebensvision: „Eines Tages soll es bei uns ebenso viele praktizierende Schamanen geben wie zugelassene Schulmediziner!“

 

Schamanismus: Alternative Heilkunst

Der erste Schritt zur Verwirklichung des Traums vom Netzwerk schamanischer Praktiker war die Eröffnung der Internationalen Akademie für Schamanismus im Frühjahr vergangenen Jahres. Wer sich hier einschreibt, um selbst ein Mittler zwischen Innen- und Außenwelt zu werden, muss sich auf eine etwa einjährige Ausbildung einstellen, die in sechs Module gegliedert ist. Dazu kommen Supervision in Kleingruppen, Einzelsitzungen und Übungstreffen. So intensiv der Stoff vermittelt wird, ist eine solche Ausbildung doch wesentlich weniger zeitaufwendig und mit Gesamtkosten von rund 2.350 Euro auch erheblich preiswerter als die meisten schulmedizinisch-psychologisch orientierten Alternativen.
In der Anwendung sind die vermittelten Praktiken und Rituale oft gerade dort erfolgreich, wo die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt. Beispielsweise berichtet eine Klientin begeistert von der dramatischen Besserung ihrer Blutwerte nach regelmäßiger Aurareinigung, während schulmedizinische Therapien ihre chronische Leberentzündung kaum zu lindern vermochten. Andrea R. erging es ähnlich: „Bei der letzten Untersuchung stellte meine Frauenärztin mit Erstaunen fest, dass mein Gebärmutter-Myom (ein gutartiger Tumor) geschrumpft ist, obwohl es bisher gewachsen war!“

 

Reisende zwischen den Dimensionen

Allerdings geht das Selbstverständnis eines Schamanen weit über seine Funktion als Heiler hinaus. Ein Schamane ist gleichermaßen Führer und Ratgeber – ein weiser Krieger des Herzens, der sich darauf versteht, Energien auszugleichen und zerstörerische Kräfte abzuwehren. Er vermag jederzeit in die Anderswelt zu reisen, um dort bei den „Spirits“ (geistige Wesenheiten) Kraft und Rat zu schöpfen. Für sich und andere stellt er die Harmonie zwischen Körper, Geist und Seele her. Für ihn bzw. sie (mit dem Begriff „Schamanen“ sind Frauen und Männer gemeint) sind Kosmos, Erde, Mensch, Tier, Pflanze und Materie spürbar von der Kraft ihres identischen Ursprungs beseelt.

Um ein solch hohes Niveau an gelebter Spiritualität zu erreichen, bedarf es freilich der Hingabe und des Mutes. Wer Schamane werden will, erklärt sich darum bereit, die Unsterblichkeit seiner Seele am eigenen Leibe zu erfahren, indem er all seine Existenzängste transzendiert. Doch der Lohn ist alle Mühen wert, denn wie es der indianische Schamane Yellow Horse so treffend formuliert hat: „Wissen ist wie der Wind – hast du es erst, kannst du damit überall hin gehen!“

 

 

 

 

 

 

 

Schamanismus modular

Um das erworbene Wissen auf hohem ethischen Niveau zum Nutzen der Mitmenschen praktizieren zu können, ist es für angehende Schamanen unerlässlich, auch Persönlichkeit und Charakterstärke zu schulen. Die sechs Lehrmodule der Internationalen Akademie für Schamanismus umfassen darum auch jeweils einen Selbsterfahrungs-Teil:

Modul 1: Inneres Gleichgewicht, Stabilität und Sicherheit. Belastungen loslassen, Unausgeglichenheiten beseitigen, schamanische Meditation, Aktivierung der Selbstheilungskräfte.

Modul 2: Persönliches Wachstum und geistige Kraft. Erkundungsreisen in die Landschaften der Seele, Aurareinigung, Heilungsrituale, Kontaktaufnahme mit geistigen Wesenheiten („Spirits“).

Modul 3: Die höhere Vision leben. Umgang mit Zeichen, Ritualgegenständen, Kraftobjekten und Fremdenergien. Macht/Ohnmacht, Schöpfer der eigenen Realität werden, Wunschverwirklichung.

Modul 4: Energiemanagement und Verantwortung. Kraftorte, rituelle Reinigungen, schamanische Reisen. Beseitigung von Abhängigkeiten, Neugeburt und spirituelle Berechtigung zum Heiler.

Modul 5: Der Tod ist nicht das Ende. Reinkarnation, Transzendenz, Seelenrückholung, Kontakt zu Verstorbenen, Reisen ins Jenseits. Zeremonie der spirituellen Extraktion von fremden Energien.

Modul 6: Der Energiefluss tritt ein. Loslassen der Angst, Erschließung der Intuition, die Kunst des aktiven Träumens, selbst Zeremonien gestalten. Spirituelle Berechtigung zum Schamanen.

 

Bild oben: Kurt Fenkart in einem Tipi der nordamerikanischen Lakota-Indianer von South Dakota
Bild mitte: Diesen Steinaltar haben die Qeros zu Ehren der hohen „Spirits“ der Berge errichtet
Bild unten: Karge Schönheit: Auf 4.800 Metern Seehöhe liegt das urige Dorf der Qero-Indianer in Peru

Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*